Schräger Vogel: der „Affenwerner”.
Im „Hotel Royal“ geht es heutzutage gediegen und gesittet zu. Doch zu Beginn der 1840er herrschte in der Sophienstraße – wortwörtlich – das reinste Affentheater. Der Wirt Gustav Werner hatte das elterliche Kaffeehaus in eine bunte Menagerie verwandelt. Papageien flatterten frei herum, durch den Garten stolzierten Pfaue und Fasane. Auf Werners Schulter saß stets ein Äffchen namens „Prinz Schmudi von Java“. Für den Wirt fanden die Stuttgarter:innen schnell den passenden Spitznamen: Der „Affenwerner“ begeisterte sich nicht nur für Tiere, sondern auch für Politik. Seine demokratische Gesinnung bewies er mit Humor. Seinem roten Papagei brachte der Wirt bei, den Schlachtruf der Revoluzzer zu krächzen: „Hecker, hoch! Hecker, hoch!“ Der Freigeist erzürnte die Obrigkeit so lange, bis diese ihn zu einer Kerkerstrafe auf dem Hohenasperg verurteilt. Glücklicherweise setzte ein höfischer Stammgast bei König Wilhelm I. eine Amnestie für Stuttgarts liebsten schrägen Vogel durch. So konnte der „Affenwerner“ seinen Tierpark ausbauen: Neben exotischen Vögeln präsentierte er auch Löwen, Bären, Leoparden und Hyänen. 1855 hatte er im ersten „Zoologischen Garten“ Stuttgarts rund 100 Tierarten angesammelt. Dass es im Untergeschoss des Gasthauses, wo die Raubtiere lebten, bestialisch stank, schien niemanden zu stören. Nicht einmal König Wilhelm I., der den einstigen Revolutionär 1863 besuchte. „Wie zahm ihre Viecher sind!“, soll der König gesagt haben, „Doch nichts freut mich so, als Sie so zahm zu sehen, mein lieber Werner!“