Wo Bohnen- und Bienenkönig herrschen, die Gassen an alte Berufe erinnern und das Rotlicht auf ein buntes Volk trifft, da sind Bohnen- und Leonhardsviertel nicht weit. Hereinspaziert in die guten (Wein)stuben! Oder in den Jazzclub?
Lang lebe der Bohnenkönig!
Die Sankt Leonhards Vorstadt entstand ab dem 14. Jahrhundert als erste Erweiterung der mittelalterlichen Kernstadt. Außerhalb der Stadtmauer lagen bis dahin Wiesen, Weinberge und Wälder. Die neue Vorstadt bot Wohnungen für Weingärtner und Handwerker, dessen Feuerstätten im Stadtkern eine Gefahr darstellten. Nach dem Vorbild des Wenzelsplatzes in Prag entstand die Hauptstätter Straße als Güterumschlagsplatz. In diesem „Gebiet der armen Tropfe“ lebten Taglöhner, die beim Umräumen der Güter halfen.
Das Viertel war geprägt von kleinen Häusern. Die hungrige Bevölkerung baute in den Hinterhöfen und entlang der Mauern Gemüse an. Überall spross das Grün – allen voran Bohnenpflanzen, die dem Viertel ihren Namen gaben. Am Dreikönigstag wurde ein Kuchen gebacken, in dem eine Bohne versteckt war. Wer sie fand, wurde als „Bohnenkönig“ durch die Gassen getragen und durfte bei einem Gelage „Hof halten“. Nach Essen und Trinken folgte ein Gesang, der meist in Gebrüll ausartete – das „Bohnenlied“.
Wie der Beruf, so die Straße!
In der Sankt Leonhards Vorstadt siedelte sich einst das Handwerk an, dessen Feuerstätten in der dicht bebauten Innenstadt eine Gefahr darstellte – etwa die Brenner und die Wagner. Noch heute erinnern viele Straßennamen, zum Beispiel die Wagner-, die Brenner- oder die Weberstraße an diese ersten Bewohner:innen und ihre Tätigkeiten.
Mit den ärmlichen Menschen und gewissen Berufen in der Vorstadt wollte die reiche Bevölkerung möglichst wenig zu tun haben. In der Richtstraße hatte etwa der Scharfrichter sein Zuhause – ganz in der Nähe seines Arbeitsplatzes vor der Stadtmauer. Das beliebte Henkersfest erinnert noch heute an die blutige Vergangenheit des Wilhelmsplatzes.
Rote Wurst und rotes Licht: der „Brunnenwirt“.
Raus aus dem Club, rein in den Imbiss: Beim Abstecher in den „Brunnenwirt“ fällt der Blick unwillkürlich auf den „Wildwechsel“ im tiefnächtlichen Milieu. Rotlicht-Urgestein, Stadtpromi, Nachtfalter oder Breuninger-Platinkundschaft: Nachts um halb drei sind im „Brunnenwirt“ alle gleich. Das Bindeglied heißt Currywurst „spezial“. Oder lieber mit einem deftig-fettigen Schweinebauch auftanken? Ganz gleich, was im Magen landet: Der rasende Hunger wird hier Tag und Nacht gestillt.
Jazz-Legende: die "Kiste".
Einst hieß sie „Rogers Kiste“, dann wurde sie zur „Kiste“, zwischenzeitlich zur „Box“ und nun wieder zur „Kiste“. Geblieben ist durchgehend: der Jazz. Sechs Tage die Woche rappelt es in der „Kiste“. Aus der Puste? Niemals! Der kleine Jazzclub ist eine feste Größe in der Stuttgarter Kulturszene. Seit 1988 verwöhnt er sein illustres Altstadtpublikum mit lässiger Live-Musik und viel Rhythmusgefühl. Auf der Mini-Bühne fusionieren diverse Stile und Improvisationen. So viel Groove macht durstig: An der Bar warten Bier, Schnaps und Whiskey.
Das große Weinstuben-ABC.
Im Bohnenviertel haben die Weinstuben Tradition. Sie erinnern an die Besenwirtschaften der Weingärtner, deren Weinberge direkt hinter der Weberstraße begannen. Bis heute wird in diversen Lokalen der Gemütlichkeit, dem Stammtisch und der deftigen, schwäbischen Küche gefrönt. Hier ist für jeden Geschmack etwas dabei!